Ansichten eines Mittelblocks
Ich saß schon im fahrenden Auto, als ich vor mich hinzugrübeln begann: „Lars, Robert, Flori, Felix, Olli, Adrian … ich. Hmm. Fehlt da nicht wer? Wie wollen wir eigentlich aufstellen?“ Ich hätte besser nicht gefragt. „Ach, hat dir das noch keiner gesagt?“ Äh, nein. Was denn? „Du spielst heute MITTELBLOCK!“ Ich meinte irgendwo ein WUHARRHARR zu hören, aber wir waren unterwegs und Lars hatte ne Kindersicherung – kein Zurück also. Schön, endlich mal was völlig Neues: der Libero als Mittelblock. Das ist wie ein Politiker in der Produktion, ein Torwart im Sturm, Muggsy Bogues beim Dunken … ihr wisst schon. Zeugen dieses einmaligen (!!!) Ereignisses wurden jedenfalls Döbern als Heimmannschaft sowie die angereisten Jungspunde vom Tabellenführer Schöneiche.
Spiel 1: Schöneiche
Die Aufgabe eines Mittelblocks ist eigentlich recht übersichtlich, genau wie sein Blickfeld: Er sieht das Netz, durch das Netz den gegnerischen Zuspieler plus diejenigen, die dessen Zuspiel empfangen, um einem den Ball in (oder über) die Fresse zu kloppen. Dann muss er hopsen. Oder aber er hopst bei eigenem Angriff, und wenn es das Schicksal (in diesem Kontext auch ein Synonym für die Annahme) gut mit ihm meint, steht auch mal ein Ball für ihn da oben bereit. In circa 10 Prozent der Fälle, um genau zu sein, und dann muss er ihn nur noch treffen, bestenfalls tödlich. Sonst murren alle. Auf jeden Fall heißt es, egal, ob Angriff oder Abwehr: springen, springen, springen – eine Aufgabe, die ein Libero übrigens eher in der Waagerechten statt in der Senkrechten vollführt. Entsprechend dusselig stellte ich mich an, entsprechend schnell war ich k.o., und entsprechend wenig sah ich vom eigenen Spiel. Der Kreuzschritt (welcher Kreuzschritt?) war ein einziger Graus, mein Timing passte nicht, und ich war so mit mir selbst beschäftigt, dass ich gar nicht so recht mitbekam, wie wir es schafften, im ersten Satz einen Satzball (!) beim 25:24 zu ergattern. Da hatte ich Angabe, versiebte aber die Annahme eines recht unplatzierten Legers, stellte mich also hinten genauso ungeschickt an wie vorne. Schade, denn da war wirklich mehr drin gewesen – 25:27 hieß es am Ende gegen uns. Auch im zweiten hielten wir besser mit, als die Umstände es erwarten ließen – Felix war hinten schnell mit Adrian ausgetauscht worden –, was an diesem Tag auch an den durchweg beachtenswerten Leistungen von Robert und Felix lag, die am Netz ein ums andere Mal mit einer guten Aktion zu sehen waren. Nachdem der zweite 21:25 verloren gegangen war, wollten wir es noch einmal wissen, und im besten Satz des Spieltags, der mit zwei (!) geglückten Angriffen und einem (!) nicht anerkannten Block auch meiner war (und bleiben sollte), brachten wir die Schöneicher zu 22 zu Fall. Die hatten jedoch sofort ein Mittel parat, das vor allem mir endgültig den Garaus machte – flache, spät zu erkennende Pässe auf Diagonal oder Außen, sodass ich nur noch über meine verkorkste bis nicht vorhandene Beinarbeit fluchen konnte, wir ständig mit einem Einerblock dastanden und ich mir alles wünschte außer weiterspielen. Ab und an sah ich im Hintergrund Adrian nach einem Ball fliegen, ansonsten ist mir nicht viel in Erinnerung – nicht einmal meine eigene Abwehr: in meinem Kopf hatte sich ein einziges Positionsknäuel gebildet, und so sah das wahrscheinlich von außen auch aus. (Ich erinnere hier explizit NICHT daran, wie ich Robert auf der 6 zweimal den Angriffsball versaute oder, als ich zum Block hätte gehen müssen, im Dreimeterraum in Abwehrstellung ging!)
Kurzum: VSG – TSGL (1:3) 25:27, 21:25, 25:22, 20:25
Spiel 2: Döbern
Nach einiger Verwirrung, wer denn nun eigentlich wann spielen muss, und der letztlichen Klärung, dass wir auch das zweite Spiel zu bestreiten hatten, stand uns der Gastgeber gegenüber. Den hatten wir schon zu Hause zu null weggeklatscht, und im Grunde hieß es, auch nach Sichtung des gegnerischen Potenzials: Mit welcher Aufstellung auch immer, der Sieg muss her! Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich vom gesamten Spiel nur wenige Tatsachen behalten habe (Gründe s.o.): Erstens, dass wir zum Teil den miesesten Volleyball spielten, an dem ich in diesem Jahr teilhaben durfte. Zweitens, dass meine Angaben völlig zum Vergessen waren (außer im Dritten, da hatte ich, wenn ich mich recht entsinne, ne kleine Serie). Drittens, dass wir uns durch das Spiel wie durch zähe Kaumasse hindurchfraßen, und wir nur gewannen, weil den Döberanern immer wieder das Quäntchen oder eben die Erfahrung fehlte, den (teils üblen) Vorsprung durchzubringen. Viertens, dass ich mir schon fünf Punkte vor Spielende nichts sehnlicher wünschte, als dass es endlich, endlich vorbei ist. Da hatte ich nämlich nach ein paar missglückten Aktionen endgültig aufgegeben, meine Füße zu sortieren. Glaubt da irgendwer, dass wir wirklich gewonnen haben?
Kurzübersicht: Döbern – VSG (0:3) 25:27, 22:25, 21:25
Was nehme ich mit?
Meinen allergrößten Respekt für die Position des Mittelblocks – und eine neu entfachte Liebe für meine eigene. Einen wirklich soliden Robert und ein paar schöne Kombinationen von Lars mit sowie Blocks von Felix. Einen trotz Geheimsalbe humpelnden, von Beginn (bis zum Ende) hadernden Olli. Kaum einen Blick über den eigenen Positionsrand. Eine auf Saunatemperatur beheizte Umkleide und eine Soljanka, die mein Spiel um Längen übertraf.
Ay, Caramba!
Daniel