Wer hätte das gedacht?

Es gab einige Fragen und einige Antworten, an diesem Spieltag, und es ging gleich auf dem Parkplatz los: Da stand eine Traube in Taifuns-Jacken vor dem Nahkauf, die man in dieser Konstellation wohl noch nie zu einem Auswärtsspiel aufbrechen sah. Die Frage: „Wo ist Lars?“, war ja schon Monate zuvor (mit der Gegenfrage: „Warum müssen die auch nen Spieltag auf den Ferienbeginn legen, wo jeder in Urlaub fährt?“) beantwortet worden; dooferweise gesellten sich auch über Nacht die Fragen „Wo ist Max?“ und „Wo ist Otto?“ hinzu. Doch keine Frage ohne Antwort: Auf Erstere gab es eine SMS, in der was von „umgeknickt“ stand, was die Scherzfragen zur Folge hatte, ob das tatsächlich in Gänsefüßchen zu denken sei oder WAS da über Nacht „umgeknickt“ sei; auf Letztere nur eine Kombination aus „Magen-Darm“ und „zweitem Kind“. Drei ziemlich große Fragezeichen also, an die noch ein kleineres und eine ziemlich mächtiges drangehängt werden konnte: „Weiß jemand, woʼs zur Halle geht?“ und „Wie zur Hölle soll das ohne drei (!!!) Stammspieler ausgehen?“ Doch für alles gab es … ihr wisst schon.



Spiel 1: TSG 65 Lübben

Pünktlich wie die Maurer standen wir Punkt 10 in der Halle des HSV Cottbus II, wo noch gemeinsam – teambildende Maßnahme, wie man erfuhr – gefrühstückt wurde und die Verantwortlichen vom Brötchenmampfen herausgepfiffen werden mussten. Neben dem Frühstück fielen vor allem die Kletterwände am Hallenrand und das Schummerlicht auf; manch einen erinnerte das daran, dass Max hier schon einst die – bzw. zumindest eines der – Lichter ausgeschossen hatte. Das konnte der aber aus oben genannten Gründen heute nicht tun, und bei der angereisten Schar blieben kaum Optionen: Über Außen kamen Schneidi und Robert, die Mitte übernahmen Joni und Felix, Flori gab sein Debüt als Zuspieler, den Liberoposten teilten sich Daniel und Adrian, und auf der Diagonale: Olli, wie gewohnt in Begleitung seiner Treuherzigen.

Nach den überraschenden Erfolgen der TSG in den ersten Spielen war nicht ganz klar, was von ihr zu erwarten war, und so spielten wir einfach mal drauf los. Das ging sich gut an: Zwar überraschten die Jungs uns durch flinkes und außerordentlich flaches Zuspiel, hatten aber noch immer genügend Schwachstellen in Annahme und Abschluss, sodass wir erstaunlicherweise in Führung gingen und selbige bis zum 23:16 ausbauten. Dem Sieg im ersten so nahe, kam aber, was kommen musste: Wir zeigten mehr Nerven als nötig, alles, was schiefgehen konnte, ging schief, das zerbrechliche, völlig ungewohnte Mannschaftsgefüge trat sich ein ums andere Mal aufs Bein (oder tat genau Gegenteiliges) – und wir gingen 25:27 baden. All das, was wir schlecht, falsch und nervös zu Ende gebracht hatten, retteten wir in den zweiten Satz, in dem wir quasi nie ins Spiel kamen, sodass die Frage gestattet ist, woher die 16 Punkte überhaupt kamen. Mit mühsam vereinter Kraft versuchten wir, uns im dritten auf die Stärken zu besinnen, mit denen wir den ersten begonnen hatten. Flori hatte immer wieder Schwierigkeiten, nicht ganz exakte Annahmen auf Außen zu bringen, sodass Olli ein ums andere Mal zu … äh … schlagen musste – „Wir spie-len Olliii-Ball“ war einer der oft gehörten Gesänge an diesem Tag. Aber er tat das, was er tat, ziemlich sicher. Dennoch schwer zu sagen, wie der dritte Satz dann an uns ging: Irgendwie haben wir ihn durchgekrepelt, weil Lübben eben auch nicht in der Lage war, zuzumachen – nachdem wir gut drei Matchbälle abgewehrt hatten, gehörte das Ding mit 29:27 uns. Der Rest ist Legende: Wir hatten sie gebrochen, die TSG haderte mehr mit dem Schiedsgericht, als sich aufs eigene Spiel zu konzentrieren, gelangte nie mehr in selbiges und wurde zu 12 im vierten und zu 7 im fünften geputzt. Um auf das anfängliche Motiv zurückgekommen: Habt ihr das mitbekommen??? Ein verloren geglaubtes Spiel GEDREHT – ein Fünfsatzspiel GEWONNEN! Entsprechend groß war das freudige Kopfschütteln, das wir mit in die Spielpause nahmen.

Die nackten Zahlen zur Zusammenfassung: TSG – VSG 27:25, 25:16, 27:29, 12:25, 7:15.



Spiel 2: HSV Cottbus II

Nachdem der HSV die chancenlosen Lübbener 3:0 weggeklatscht – und Felix übrigens querelenlos und souverän (mit vier Linienrichtern!) gepfiffen – hatte, war klar: Die Typen sind heiß wie ne frischgebrühte Nudelsuppe, verlieren kam für die heute nicht in Frage. Vor allem der Wüterich mit der Nummer 12 war kaum zu stoppen, und dem galt denn auch unser Hauptaugenmerk. Da Adrian sein Auswärtsdebüt gab und nicht leer ausgehen sollte, hatten wir vereinbart, ihn anfangen zu lassen und zu schauen, wie es läuft. Und gucke da: Es lief! Das lag aber weniger an Adrian, der zwar manchmal etwas lahm wirkte, sonst aber größtenteils sicher annahm und mehr Ruhe ausstrahlte als der Stammlibero, sondern vielmehr an dem Kerl, den wir auf den Wüterich angesetzt hatten – Joni. Man hätte einen Statistiker gebraucht, um die Blocks zu zählen, die er den HSVlern ein ums andere Mal „VOR DIE … FÜ-SSE!“ knallte, und es lag klar an ihm, dass auf der Gegenseite Ratlosigkeit ausbrach. 25:18 und 25:22 hieß es nach zwei Sätzen – noch einer, und das Wunder wäre perfekt gewesen. Würde man das in einer Frage formulieren, könnte die lauten: „Zwei Wunder an einem Tag?“ Auf die man aber antworten muss: „Das wäre dann doch zu viel gewesen.“ Joni und der Stammlibero schrien sich die Kehlen raus, doch es wollte nichts helfen: Plötzlich hielten die Cottbuser wieder das Heft in der Hand und ballerten die Ratlosigkeit übers Netz in unsere Richtung – bei nur 15 Punkten blieben keine Fragen offen. Der Stammlibero musste trotz siegesgewiss verspeister Bockwurst wieder ran, weil Adrian die Puste ausging, konnte aber auch nicht mehr viel anrichten. Erst im fünften ging uns auf, dass die Cottbuser umgestellt hatten, sodass der 12er Haudraufbengel nicht mehr an Jonis Block scheitern konnte; so langsam aber ging auch Flori, der fürs erste Mal einen beachtlichen Job gemacht hatte, auf dem Zahnfleisch. Ganz kollegial folgte ihm Olli, der wohl nie so viele Bälle bekommen hatte wie heute und schließlich „Krampf!“ jaulend in einer Notauszeit gestreckt werden musste. Es wollte nichts mehr so recht gelingen: Schneidi verpasste ein paar abgefälschte Bälle, weil er den langen Sechserposten in Richtung Feld verlassen hatte, Joni kam etwas später beim Block an, Flori nicht mehr so richtig hoch und verträumte auch mal einen Ball, und selbst wenn der Block den Angriff wenigstens abfälschen konnte, landete er vor den eigenen Käsefüßen, über denen sich die Augenpaare der Blockspieler suchend im Kreis drehten. Kurz: Wir mussten uns geschlagen geben, zu 20 im vierten und zu 11 im fünften. Aber wir waren heiser, gönnten den Cottbusern den Sieg – und verließen zufrieden die Halle. Drei Punkte bei erwarteten null?

Auch hier die nackten Zahlen für die Statistik: HSV – VSG: 18:25, 22:25, 25:15, 25:20, 15:11.



Natürlich blieben Fragen: Brauchen wir ein teambildendes Frühstück vor den Heimspieltagen? Kann man an einem Spieltag mehr Sätze spielen? Werden wir je erfahren, was wirklich mit Max geschehen ist? Ist Otto inzwischen zweifacher Vater? Und warum zur Hölle sind auswärts die Hallen so schön wie die Duschen kalt?

Aber wir hatten auch ein paar Antworten mitgenommen: Flori und Adrian sind lernwillig und ausbaufähig. Joni fehlt zwar nicht die Höhe, aber der Kreuzschritt. Lübben die Nerven. Den Cottbusern die Rückspielniederlage. Und man kann auch auswärts ohne drei Stammspieler gewinnen – fraglos.

Aye? Caramba!